So leicht kann Nächstenliebe sein! Zu unserer Caritas-Ausstellung gibt es eine Website in Leichter Sprache, die wir gemeinsam mit der Lebenshilfe Landesverband Sachsen erstellt haben.

Gerade zu diesem Ausstellungsthema wollten wir möglichst vielen Menschen einen leichten Zugang ermöglichen. Ergänzend zu der Website wird auch ein eigener Ausstellungskatalog in Leichter Sprache angeboten.

Ein Gespräch mit Silke Hoekstra, Geschäftsführerin der Lebenshilfe, Landesverband Sachsen:

Was ist Leichte Sprache?
Leichte Sprache wurde von und für Menschen mit geistiger Behinderung entwickelt. Es ist eine Version des Deutschen, die besonders verständlich und gut zu lesen ist. Beispielsweise durch kurze Sätze, große Schrift, erklärende Bilder, den Verzicht auf Fremdworte und vieles mehr.

Wie viele Menschen sind auf Leichte Sprache angewiesen?
Es sind bundesweit etwa 300.000 Menschen mit geistiger Behinderung. Neben diesen profitieren aber auch andere Zielgruppen von Leichter Sprache. Zum Beispiel die große Gruppe der funktionalen Analphabeten in Deutschland.

Eine Studie der Universität Hamburg hat 2011 gezeigt, dass in der deutschsprechenden Bevölkerung über 2,3 Millionen Menschen nur einzelne Wörter lesen oder schreiben können. Hinzu kommen über 5 Millionen Menschen, die zwar einzelne Sätze lesen können, aber keine Texte. Leichte Sprache hilft auch Migranten, für die Deutsch eine Fremdsprache ist. Ältere Menschen kommen häufig mit der großen Schrift besser zurecht. Und bei wissenschaftlichen oder juristischen Texten dürfte es eine Mehrheit sein, die den Leichten Text besser versteht.

Ist die Idee einer verständlichen Sprache nicht sehr willkürlich?
Sicher. Sprache und Sprachverständnis sind immer individuell. Aber gerade die Leichte Sprache ist sehr stark geregelt. Beim Übertragen von Texten müssen wir rund 40 Kriterien beachten. Die wichtigste Regel ist: Alle Texte werden von Menschen mit geistiger Behinderung gegengelesen und auf Verständlichkeit geprüft.

Sie übertragen Texte in Leichte Sprache. Wie muss ich mir das vorstellen, wie eine Übersetzung?
Ja und nein. Wir übertragen die Texte nicht Wort für Wort. Es geht vielmehr darum, alle relevanten Informationen, die im Text enthalten sind, verständlich aufzubereiten. Es handelt sich also eher um eine Neuredaktion. Das Ergebnis ist nicht immer eine „schöne“, aber eine verständliche Sprache.

Ob Kunstkatalog, Imagebroschüre oder Faltblätter vom Amt – alle Inhalte können in Leichter Sprache aufbereitet werden, ©Lebenshilfe Landesverband Sachsen e.V.

Ob Kunstkatalog, Imagebroschüre oder Faltblätter vom Amt – alle Inhalte können in
Leichter Sprache aufbereitet werden, ©Lebenshilfe Landesverband Sachsen e.V.

Wer nimmt Ihre Dienstleistungen in Anspruch?
Wir arbeiten für sehr unterschiedliche Kunden. Darunter sind mehrere Museen. So zum Beispiel die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, das Hygienemuseum oder das Klee Zentrum Bern. Und jetzt ganz aktuell das Diözesanmuseum Paderborn. Auf Tagungen konnten wir Museumspädagogen aus dem ganzen Bundesgebiet einen Einblick in Leichte Sprache geben. Darüber hinaus arbeiten wir für Behörden, Vereine, Wissenschaftler und natürlich für Einrichtungen der Behindertenhilfe.

Welche Textsorten haben Sie für die Museen bearbeitet?
Das waren vor allem Kunstkataloge und Texte fürs Internet. Es gibt keine Inhalte, die nicht auch in Leichter Sprache erklärt werden können. Es ist nur aufwändiger. Aber gerade Museumskataloge setzen häufig Fachwissen voraus.

Sollte es, zum Beispiel im Ausstellungsbereich der Museen, nur noch Leichte Sprache geben?
Nein. Denn dann würde man wiederum Menschen mit einem guten Textverständnis ausschließen. Aber wenn sich Texte an die Allgemeinheit richten, sollten Sie verständlich sein. Das ist leider häufig nicht der Fall. Im Museumsbereich sind die Texte oft zu wissenschaftlich.

Dennoch sollte es die Regel werden, Informationen in Leichter Sprache vorzuhalten. Genauso wie es selbstverständlich ist, mehrsprachige Faltblätter oder Audioguides zu erstellen. Wenn es zum Beispiel Ausstellungstexte in Leichter Sprache gibt, kann es sein, dass die Mehrheit der Besucher diese bevorzugt.

Wenn ich Texte in Leichter Sprache erstellen lassen will, was muss ich beachten?
Eine professionelle Übertragung sollte die Regeln für Leichte Sprache beachten. Diese wurden vom bundesweiten Netzwerk für Leichte Sprache (www.leichte-sprache.org) verbindlich festgelegt. Leichte Sprache zu schreiben braucht Übung. Vielen Menschen fällt es schwer, ihre Fachsprache loszulassen. Da ist es besser, ein Übersetzungsbüro zu beauftragen.

Der zweite wichtige Punkt ist die Bewerbung der Angebote in Leichter Sprache. Viele Museen bieten zum Beispiel Führungen in Leichter Sprache an. Da empfiehlt es sich, direkt mit Menschen mit Behinderung und den Behindertenverbänden Kontakt aufzunehmen und das Angebot gezielt zu bewerben.

Wenn Sie einen Wunschauftrag hätten. Welcher wäre das?
Wir sind sehr glücklich über jeden Auftrag, der mit Kunst oder Kultur zu tun hat. Das macht uns und unseren Prüfern einfach sehr viel Spaß.

Mehr Infos unter:
www.lebenshilfe-sachsen.de/