Es war eine interessante und berührende Veranstaltung am Donnerstagabend (26.11.2015) bei uns im Museum. Flüchtlinge, die derzeit in Alfen bei Paderborn leben und Menschen, die die Vertreibungen der 1940er Jahre erlebten und seit Langem im Ostwestfälischen beheimatet sind, berichteten über ihre Erlebnisse und ihr neues Leben nach der Flucht. Geschichten, die unter die Haut gingen. Ein Austausch der besonderen Art, der erneut daran erinnert, wie tagesaktuell und wichtig Nächstenliebe ist.
Es folgen ein paar Eindrücke der Veranstaltung und die Begrüßung unseres Direktors Prof. Dr. Christoph Stiegemann.
Begrüßung zur Veranstaltung Odyssee ins Ungewisse – Was bedeutet es, alles hinter sich zu lassen? Flüchtlinge berichten…
„In der Caritasausstellung zeigen wir Bildwerke mit der Darstellung der „Werke der Barmherzigkeit“, einem im Matthäusevangelium dargelegten Regelwerk für ein gutes Leben, das dem Menschen für das Jenseits die Perspektive der Erlösung eröffnet. In den Notleidenden, die den Menschen auf ihrem Lebensweg begegnen – den Hungrigen, Dürstenden, Kranken, Gefangenen – sollen sie Christus selbst erblicken und sie entsprechend fürsorglich behandeln.
Unsere Ausstellung neigt sich langsam ihrem Ende zu – Zeit, sich dem in der heutigen Zeit virulentesten Werk der Barmherzigkeit zuzuwenden, dessen Erbringung unsere Gesellschaft gerade vor große Herausforderungen stellt, ihr aber gleichzeitig neue Chancen bietet. Gemeint ist das dritte in der Reihe der sieben: Fremde aufnehmen, machen sich doch aufgrund der großen, von den westlichen Bündnissen mit verantworteten Kriege im Nahen Osten, die die Region mit Tod, Verwüstung und Chaos überziehen, Tausende auf den Weg – in Familienverbänden, jedoch oft auch ganz allein – um einen Ort zu finden, wo sie wieder sicher leben können.
Sie sind jedoch nicht die ersten, die in großer Zahl und voller Hoffnung in den Westen kommen: Zum Ende des Krieges im Winter 1944/45 kamen hunderttausend Deutscher aus den Ostgebieten. Etwa zwölf Millionen Menschen suchten eine neue Heimat. Wie viele von ihnen in den chaotischen Ereignissen starben, ist bis heute unklar. Schätzungen schwanken zwischen 400.000 und bis zu zwei Millionen Opfern. Die wochen- und monatelange Flucht wurde oft durch Hunger, Kälte und Krankheiten erschwert; viele Familien wurden auseinandergerissen. Die Flüchtlinge wurden in Lagern, Notquartieren oder bei Privatfamilien untergebracht.
Ich bin sehr froh und dankbar, dass wir heute Vertreter beider Gruppen – Flüchtlinge, die aktuell unseren Schutz suchen und solche, die vor ungefähr 65 Jahren nach Deutschland kamen und längst in ihrer neuen Heimat verwurzelt sind – bei uns haben. Sie werden Sie gleich mit ihren Geschichten von Flucht, Vertreibung und Neubeginn durch unsere Caritas-Ausstellung begleiten. Einige der Flüchtlinge können heute nicht bei uns sein – zum Beispiel, weil sie im Entstehungsprozess dieser Veranstaltung abgeschoben wurden. In ihren Geschichten sind sie jedoch heute trotzdem präsent: Diese nämlich werden von Jugendlichen aus Borchen bzw. Alfen verlesen. Bevor es losgeht, möchte ich Ihnen die Vortragenden kurz namentlich vorstellen:
Die Flüchtlinge der 1940er Jahre werden vertreten sein durch Irmgard Suwelak und Elisabeth Königs, beide sind Zeitzeuginnen. Emely Hofmann liest die Geschichte einer schon verstorbenen, nach Paderborn geflüchteten Frau.
Die jetzt neu bei uns angekommenen Flüchtlinge werden vertreten durch: Rodi Mahmoud, Eptisam Alkanj Alabseh, Barry Alhoussainy, Robina Popal und Emad Kamil. Leander Sämann vertritt seinen abwesenden Freund, Fatmir Musaj, dieser wurde in den letzten Monaten abgeschoben.
Das Konzept für diese Veranstaltung entwickelt hat Annalena Müller, die auch in der Museumspädagogik der Caritasausstellung arbeitet. Als Filmemacherin hat sie die Geschichten der Flüchtlinge um filmische Installationen ergänzt, die das idyllische Ostwestfalen mit seinen Kuhwiesen und dem Liborifest den Fluchtbildern einiger unserer Vortragenden gegenüberstellt.
Ich wünsche Ihnen nun eine eindringliche Zeit und hoffe, dass wir am Ende des Abends die große Bedeutung und Notwendigkeit des dritten Werkes der Barmherzigkeit besser werden ermessen können.“
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